Einführung

Das französische Bildungssystem

Einführung

Die Pro-Kopf-Ausgaben für Bildung in Frankreich sind höher als in den meisten westlichen Ländern. Obwohl Frankreich seit jeher für akademische Standards bekannt war, ergab eine 2001 in 32 Ländern durchgeführte OECD-Studie über die Kenntnisse 15-Jähriger, dass sich die Franzosen bloß im Mittelfeld befinden.

Das staatlich finanzierte Schulsystem wird durch ein ausgedehntes Netzwerk an Privatschulen ergänzt, darunter angesehene internationale Schulen. Rund 15% der französischen Kinder besuchen Privatschulen, von denen die meisten gemischte Tagesschulen sind (Schulen sind fast ausschließlich gemischt in Frankreich). Private Bildung bedeutet nicht gleich gesellschaftliche Überlegenheit und ist auch relativ billig, biespielsweise im Vergleich mit Großbritannien. Der Standard der höheren Bildung ist nur mittelmäßig, mit Ausnahme der Eliteunivesitäten, der grandes écoles, die als die bestbewerteten Hochschulen der Welt gelten. Die Franzosen sind stolz auf ihre Schulen und ärgern sich schnell über die Einmischung des Staates, obwohl es ständig Reformen gibt. Sie respektieren, ja lieben sogar das Lernen, weshalb Reformen überraschederweise mit großer Leidenschaft diskutiert und debattiert werden.

Kritiker des französischen Bildungssystems beschweren sich darüber, dass die Unterrichtsmethoden zu traditionell und einfallslos sind und Auswendiglernen fördern. Klassenzimmer sind in traditionellem Stil gehalten, mit Bänken in Reihen angeordnet und viel Abschreiben. Weitere Beschwerden gibt es über sind die Starrheit des Unterrichts und die geringe individuelle Förderung des persönlichen Ausdrucks. Französische Schulen legen großen Wert auf Sprache (besonders Grammatik), Rechnen und Naturwissenschaften. Disziplin ist etwas ausgeprägter als viele ausländische Kinder gewohnt sind (Lehrer beuntzen jede Diszipliniermethode außer Gewalt), sowie die Hausaufgaben (devoirs du soir), die mit dem Alter des Kindes zunehmen (im Primarschulalter gibt es keine Hausaufgaben) und belastend umfangreich werden können.

Großer Wettbewerb

Französische Lehrer stellen generell hohe Erwartungen an ihre Schüler und das System geht mit lernbeeinträchtigten und weniger intelligenten Kinder sehr hart um. Für diese Kinder gibt es zwar speziellen Unterricht, mit den Budgetkürzungen verschwindet er aber allmählich. Das Prüfungssystem in Frankreich ist sehr kompetitiv und selektiv, wodurch die "Spreu vom Weizen" im Alter von ungefähr 14 getrennt wird. Ab Primarschulalter müssen Kinder ständig Prüfungen ablegen. Trotzdem gibt es Berichte über Kinder, die bei Antritt der Sekundarstufe nicht richtig lesen oder schreiben können.

Die Schulpflicht in Frankreich erstreckt sich vom 6. zum 16. Lebensjahr und der Schulbesuch ist vom Kindergarten bis zur Universität absolut kostenfrei (kostenlose öffentliche Schulen gibt es seit mehr als einem Jahrhundert in Frankreich). Allerdings besteht die Möglichkeit, das Kind zuhause zu unterrichten. Etwa 80% der Schüler besuchen die Schule länger als bis zu ihrem 16. Lebensjahr. Ungefähr 2,23 Mio. Schüler besuchen lycées, Privatschulen, grandes écoles und Universitäten. Alle Kinder in Frankreich gemeldeter Eltern dürfen kostenfrei zur Schule gehen, ansonsten sind Visa (für nicht-EU- und andere Bürger) notwendig.

Schon Napoleon entschied, dass Kinder dieselbe Gegenstände, zur selben Zeit, auf demselben Niveau in jeder Region lernen sollten. Etwa 200 Jahre später gibt es keine Veränderung, weder im Lehrplan noch den Lehrbüchern, in allen Schulen in allen Regionen Frankreichs. Deshalb ist es einfach für Kinder, falls sie die Schule wechseln, da sie ohne Unterbrechung in der neuen Schule weiterlernen können. Es gibt aber geringe Abweichungen im Stundenplan zwischen den Schulen in verschiedenen Regionen.

Durchschnittliche Klassengröße

Die durchschnittliche Klassengröße ist in den vergangen Jahrzehnten geschrumpft, wobei manche sie noch immer als zu groß betrachten und die Lehrerzahlen sinken (2009 gab es für einen von zwei pensionierten Lehrern Ersatz) und Klassengrößen von 50 Schülern sind nicht ungewöhnlich. Die durchschnittliche Klassengröße betrug 2009 etwa 25,9 (Vorschule), 22,7 (Primarschule), 23,7 (collège) und 27,6 (lycée) (laut Studie des französischen Institutes für Statistik 2008-2009).

Eltern-Lehrer-Vereinigungen sind üblich (falls Sie beitreten wollen, Wahlen finden gewöhnlich im Oktober statt). Elterntage und -abende, bei denen Sie mit den Lehrern über den Fortschritt Ihres Kindes sprechen können, finden regelmäßig statt (der erste findet für gewöhnlich kurz nach dem ersten Semester statt). Falls Sie ein Problem haben sollten, können sie einfach den zuständigen Bildungsmittler kontaktieren.

Schwänzen ist selten in Frankreich, da ein Kind, das die Unterschrift seiner Eltern fälscht, um nicht in die Stunde zu gehen, von der Schule verwiesen werden kann. Außerdem kann Schwänzen die Eltern bis zu €750 kosten. In manchen Gegenden (beispielsweise Pariser Vororte) sind die staatlichen Schulen so von Gewalt, Vandalismus und Drogenproblemen heimgesucht, dass der französische Bildungsminister Polizeipräsenz in den Schulen vorgeschlagen hat.

Tyrannisieren und Mobbing unter Schülern hat in den letzten Jahren enorm zugenommen, weshalb die Hotline Jeunes Violence Ecoute eingerichtet wurde, das von der Fédération des Écoles, des Parents et des Educateurs betreut wird. Dort können Schüler und andere Personen, die Angst davor haben, direkten Kontakt mit den Behörden oder Eltern aufzunehmen, anrufen (Tel.: 08 00 20 22 23). Eine weitere Hotline, SOS Violences Scolaires, ist unter 08 10 55 55 00 erreichbar. Um die Disziplin in Schulen zu verbessern, wurde in Frankreich ein contrat de vie scolaire ("Schullebensvertrag", Schulordnung) eingeführt, den sowohl Eltern als auch Schüler unterzeichnen müssen, um so ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Lehrern und ihrer Verpflichtung gegenüber der Bildung festzuhalten. 

In den letzten Jahren nahm die Besorgnis der Schüler, besonders die der lycées, zu, wegen überfüllter Klassen und Lehrerknappheit. Ein weiteres wachsendes Problem, speziell der collèges, sind die Abwesenheit und Streiks der Lehrer, weshalb zunehmend private Bildung bevorzugt wird.

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